Berlin, 21. Februar 2025 – Zwei Tage vor den Bundestagswahlen und drei Tage vor dem dritten Jahrestag der russischen Vollinvasion der Ukraine steht Europa an einem sicherheitspolitischen Wendepunkt. Die US-Administration führt direkte Verhandlungen mit Russland – über die Köpfe der Ukrainer:innen und Europäer:innen hinweg –, während die russischen Kriegsziele unverändert bleiben. Gleichzeitig greift der Präsident der USA den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj scharf an und wiederholt russische Propaganda-Narrative. Durch das erratische Vorgehen der USA bestehen erstmals ernstzunehmende Zweifel am amerikanischen Schutzversprechen für Europa und die NATO.

Im deutschen Wahlkampf wurden sicherheits- und verteidigungspolitische Fragen sowie die langfristige Unterstützung der Ukraine nur oberflächlich behandelt. Trotz aller verbalen Entrüstung über Trumps Aussagen und aller Bekenntnisse zur Unterstützung der Ukraine offenbart sich eine bedauerliche Strategielosigkeit Europas. Nach den Wahlen besteht für die neue Bundesregierung ein immenser Handlungsbedarf. Eine rasche Regierungsbildung ist essentiell, damit Deutschland in der sicherheitspolitischen Neuordnung Europas Verantwortung übernimmt und die notwendigen Entscheidungen schnell vorantreiben kann.

Unsere Forderungen an jede künftige deutsche Regierung:

Kein Minsk 3.0 und keine Wiederholung von München 1938 – Verhandlungen nur mit der Ukraine und Europa: Verhandlungen zur ernsten Beendigung des russischen Angriffskrieges und Sicherstellung eines dauerhaften Friedens in Europa erfordern eine starke ukrainische Verhandlungsposition und konkrete Sicherheitsgarantien. Bevor es zu ernsthaften Verhandlungen mit Russland kommen kann, ist eine enge Abstimmung zwischen den USA, Europa und der Ukraine erforderlich. Europa muss dafür sorgen, dass nicht über die Köpfe der Ukrainer:innen verhandelt wird und kein fauler Deal wie Minsk 3.0 zustande kommt.

Zusätzliche Militärhilfe für die Ukraine: Angesichts der drohenden Kürzung amerikanischer Hilfen muss Deutschland gemeinsam mit anderen europäischen Ländern die Militärhilfe für die Ukraine schnell ausweiten und auf eine langfristige Finanzierungsbasis stellen. 0,25 Prozent des BIPs sollten dabei die Untergrenze sein.

Investitionen in die ukrainische Rüstungsindustrie: Ein wesentliches Ziel der westlichen Unterstützung der Ukraine sollte der Ausbau der ukrainischen Rüstungsindustrie sein, deren Kapazitäten aufgrund fehlender Finanzierung noch nicht ausgelastet sind. Das „Dänische Modell” der westfinanzierten Aufträge für ukrainische Rüstungsgüter gilt es umfassend zu skalieren.

Maximale EU-Sanktionen gegen Russland: Dazu gehören ein vollständiges Ende von LNG-Importen aus Russland und Maßnahmen gegen die russische Schattenflotte.

Beschlagnahmung und Transfer eingefrorener russischer Vermögenswerte: Angesichts der dramatischen Lage müssen die in Europa gelagerten Gelder der Ukraine zur Stärkung ihrer Verteidigungsfähigkeit und deren Wiederaufbau übergeben werden.

Unterstützung des NATO-Beitritts der Ukraine: Deutschland hat einen NATO-Beitritt der Ukraine bisher aktiv blockiert. Dabei stellt die NATO die wohl effektivste und langfristig kostengünstigste Sicherheitsgarantie für die Ukraine dar, die auch einen nachhaltigen Frieden auf dem europäischen Kontinent garantieren könnte. Deutschland sollte sich für den NATO-Beitritt der Ukraine engagieren und konkrete Schritte für eine künftige Mitgliedschaft einleiten.

Nachhaltige Unterstützung für eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine: Deutschland muss die Ukraine auf ihrem Weg in die EU umfassend unterstützen und überzeugend für ihre Mitgliedschaft eintreten. Der Fokus sollte auf der Unterstützung der Umsetzung von Reformen und der Angleichung an europäische Standards liegen.

Förderung der ukrainischen Zivilgesellschaft: Priorität der deutschen Ukraine-Hilfen muss weiterhin die Förderung der selbstbewussten ukrainischen Zivilgesellschaft sein. Mit dem möglichen Wegfall von USAID fällt der größte nicht-militärische Unterstützer der Ukraine weg. Die vorhandenen deutschen Förderinstrumente der Ministerien müssen dementsprechend überarbeitet und erheblich ausgebaut werden.

Mehr Unterstützung für ukrainische Schutzsuchende in Deutschland: Wir begrüßen sehr, dass Deutschland gemeinsam mit der Ukraine Unity-Hubs in Deutschland eröffnen wird. Dabei sollen Maßnahmen zur Integration, zur Arbeitsmarktteilhabe und zu langfristigen Bleibeperspektiven verbessert sowie auch Rückkehrmöglichkeiten unterstützt werden.

Strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung der begangenen Kriegsverbrechen gegen die Ukraine: 156.712 dokumentierte Kriegsverbrechen hat Russland seit dem 24. Februar 2022 bis heute gegen die Ukraine begangen. Gerechtigkeit für diese Verbrechen ist eine zentrale Voraussetzung, um den Kreislauf des unbestraften russischen Terrors zu durchbrechen und aufzuarbeiten.

Statements der DUG-Präsidentinnen:

„Wenn Russland gemeinsam mit Trump-Amerika das Prinzip durchsetzt, dass Großmächte auf Kosten kleinerer Staaten ihre Interessen rücksichtslos verfolgen, steht die internationale Friedensordnung auf dem Spiel. Das würde bedeuten, dass das Recht des Stärkeren wieder Grenzen verschieben darf – eine gefährliche Entwicklung für ganz Europa.“ – Franziska Davies

„Unsere europäische Demokratie wird angegriffen. Wir können die Verteidigung unserer europäischen Werte nicht auslagern oder nur der Ukraine überlassen – es ist unsere Aufgabe, für den Frieden auf unserem Kontinent zu sorgen. Wer, wenn nicht wir?“ – Ljudmyla Melnyk

Bei Presseanfragen und Rückmeldungen melden Sie sich gerne direkt bei vorstand@deutsch-ukrainische-gesellschaft.de – wir kommen auf Ihre Anfragen schnellstmöglich zurück.

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